Myriam Gämperli *1982 Bettenau, Jonschwil / lives and works in Zurich and St. Gallen.

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Myriam Gämperli's work is in the surrealist tradition of arrangement. The tongue-in-cheek mixture of the recognisable and the unfamiliar is what makes her productions so charming. She often stages herself - as in the video "Im Kreissaal der Einzelwesen" - as a hybrid being or as a hybrid between object and subject. In sculptural performances and dance, she assumes multiple identities that fan out along the axes of nature, gender and ideas of beauty. Gämperli's wide-ranging oeuvre reflects autobiographical themes that testify to the tensions of her existence: having grown up in a hamlet of St. Gallen with 75 inhabitants, the artist later lived in cities such as London, Berlin and Zurich. Her art is fed by the contrast between the tradition of her origins and her urban contemporary life.

In StudioK3, Myriam Gämperli presents a spatial arrangement in the shop windows in addition to the video work: tablecloths digitally overprinted by the artist on tables with cherry wood legs specially made by carpenters. The special thing about the black-painted tables: One of their table legs is angled, which gives the objects something lively, something like a being and at the same time questions their practical functionality - as if their colourfully painted leg ends were animal paws and they would want to run away at any moment. Some of the tablecloths have plastic outgrowths sewn onto them. Ceramic fingers stand on the tables, parts of a costume from one of Gämperli's video performances. She has stretched one of the tablecloths across the large wall like a classical painting, framed as it were by a lace border.

 Myriam Gämperli's origins in the countryside with its traditions and old-fashioned hierarchies, Catholicism and the culture of domesticity are united in her printed, originally white tablecloths with the taboo spheres of the - no less everyday - but unspoken: With sexuality, desire of skin, food, varnish... cut-outs of bodies, hair, animal limbs or of mushrooms and flesh. She collages the motifs into one another, giving them a strong spatial effect and, thanks to the incarnate material, a baroque opulence. The pictures contain allusions to pornography without ever becoming explicit.

 "Tablecloths are omnipresent in my mother's household. Something is always protected, something covered, something camouflaged. The table is the place where the family meets and eats every day. My reworked tablecloths come from the inheritance of a deceased grandparent, countless of them lay ready to be picked up. The timeless value of fabric, adornment and detailed domestic craftsmanship are no more in demand today than traditional housekeeping. I have collected these old fabrics and transferred them to today's short-lived values, consumption and quick gratification by digitally printing on them, sewing on plastic protuberances and thus giving them a contemporary look.”

As part of the exhibition, the video work "Im Kreissaal der Einzelwesen" Videoarbeit von Myriam Gämperli und Andy Storchenegger will be presented.

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DEUTSCH

Myriam Gämperlis Werk steht in der surrealistischen Tradition des Arrangements. Die augenzwinkernde Mischung aus Wiedererkennbarem und Unbekanntem macht den Charme ihrer Inszenierungen aus.

Oft inszeniert sich selbst – so auch im Video «Im Kreissaal der Einzelwesen» – als Mischwesen oder als Mischform zwischen Objekt und Subjekt. In skulpturalen Performances und im Tanz nimmt sie multiple Identitäten an, die sich entlang der Achsen von Natur, Geschlecht und Schönheitsvorstellungen auffächern. In Gämperlis medial breit gefächertem Werk spiegeln sich autobiografische Themen wider, welche vom Spannungsfeld ihrer Existenz zeugen: Aufgewachsen in einem St. Galler Weiler mit 75 Einwohnern, lebte die Künstlerin später in Städten wie London, Berlin und Zürich. Ihre Kunst speist sich aus dem Gegensatz zwischen der Tradition Ihrer Ursprünge und ihrem urban zeitgenössichen Leben.

Im StudioK3 präsentiert Myriam Gämperli nebst der Videoarbeit ein räumliches Arrangement in den Schaufenstern: Zu sehen sind von der Künstlerin digital überdruckte Tischdecken auf eigens in Schreinerarbeit hergestellten Tischen mit Kirschholzbeinen. Das Besondere an den schwarz gestrichenen Tischen: Je eines ihrer Tischbeine ist abgewinkelt, was den Objekten etwas Verlebendigtes, Wesenhaftes verleiht und gleichzeitig ihre praktische Funktionalität in Frage stellt – als wären ihre farbig bemalten Bein-Enden Tierpfoten und sie würden jede Moment weglaufen wollen. Einige der Tischtücher sind mit angenähten Plastik-Auswüchsen versehen. Auf den Tischen kommen aus Keramik geformte Finger zu stehen, Teile eines Kostüms aus einer Videoperformance Gämperlis. Eines der Tischtücher hat sie wie ein klassisches Gemälde, gleichsam eingerahmt von einer Spitzenbordüre, auf die grosse Wand aufgespannt.

Myriam Gämperlis Herkunft vom Lande mit seinen Traditionen und altmodischen Hierarchien, dem Katholizismus und der Kultur des Häuslichen vereint sich in den von ihr bedruckten, ursprünglich weissen Tischtüchern mit den tabuisierten Sphären des – nicht weniger alltäglichen – aber Unausgesprochenen: Mit Sexualität, Begehren von Haut, Essen, Lack… Ausschnitten von Körpern, Haaren, Tiergliedern oder von Pilzen und Fleisch. Die Motive collagiert sie ineinander und verleiht ihnen stark räumliche Wirkung und dank dem Inkarnat barocke Opulenz. Die Bilder enthalten Allusionen an Pornografisches ohne je explizit zu werden. «Tischtücher sind gegenwärtig im Haushalt meiner Mutter. Immer wird etwas geschützt, etwas verdeckt etwas getarnt. Der Tisch ist der Ort des täglichen Zusammentreffens der Familie und des Essens. Meine überarbeiteten Tischtücher stammen aus dem Erbe eines verstorbenen Grosselternteils, zahllos lagen sie bereit, abgeholt zu werden. Der zeitlose Wert von Stoff, das Schmücken und das detailhafte häusliche Handwerk sind heute ebenso wenig gefragt wie das traditionell Haushälterische. Diese alten Stoffe habe ich gesammelt und in die Zeit heutiger kurzlebiger Werte, des Konsums und der schnellen Befriedigung übertragen, indem ich sie digital bedruckte, sie mit aufgenähten Ausstülpungen aus Plastik versah und ihnen so einen zeitgemässen Look verpasste».

StudioK3, März 2023

 Im Rahmen der Ausstellung wird die Videoarbeit «Im Kreissaal der Einzelwesen» Videoarbeit von Myriam Gämperli und Andy Storchenegger präsentiert.